Gedicht zum 100-jährigen

Ein Geschenk des Radfahrer-Vereins an die Musik

Schaut man auf die Geschenke zum Jubiläum vor 100 Jahren, lässt sich in der Schatzkammer der TKO ein Gedicht finden:


Zum hundertjährigen Stiftungsfest der Musikkapelle Oberwolfach 1824-1924

Musik diese Gottesgabe,
Uebte man zu aller Zeit;
Denn sie ist der Seelenlabe,
Sie lindert jedes Herzeleid.

Die Musik, die Kam allerorts
In Stadt und Land zur Blüte,
Man ward im wahrsten Sinn des Worts,
Der Musik niemals Müde.

Doch früher war es schlecht bestellt,
Mit Musik auf dem Lande.
Nur hie und da, da hat erhellt
Die Leut, ein Musikante.

Vor etwa hundert Jahren,
Da wars nun so der Brauch
Bei jedem Feste waren,
Ein paar Spielleut auch.

Die spielten was sie konnten
Auf Geig' und Klarinett;
Damit alle tanzen konnten,
Doch wars nicht immer nett.

So wars in Oberwolfach,
Um die genannte Zeit,
Ein Ende machte einfach
Die Gemeindeobrigkeit.

Es wurden dann entboten,
Die von Musik einen Dunst
Und sie lernten dann nach Noten
Diese hohe heil'ge Kunst.

Man schaffte Instrumente,
Trompeten, Hörner an
Und dann kam doch am Ende,
Die grosse Trommel dran.

Die Grosse stifteten heuer
Philipp Armbruster, Georg Faisst,
Simon und Josef Maier,
Wie's in einer Urkund heisst.

Der Grossen war beschieden,
Die längste Lebenszeit;
Ihr Gruß tut sie entbieten,
Uns allen noch bis heut.

Keine Chronik ist vorhanden
Von der Musikkapell;
Doch etwas was wir fanden,
Erzählt an dieser Stell.

Die Trommel ist's die alte,
Die nun schon hundert Jahr,
Wenn mal die Musik schallte
Auch immer dabei war.

Von ihr haben wir erfahren
Der Kapelle Freud und Leid;
Was sie seit hundert Jahren
Erlebte bis zur Zeit

Was sie uns da erzählte,
Wollen nun wir geben Euch;
Es fing da die Erwählte
Die Geschichte an sogleich;

Hundert Jahre sind es her,
Seit ich im Dörfchen bin;
Damals, da war es mir so schwer
und traurig war mein Sinn.

Ich kam in die Musikkapell',
Die erst gegründet war;
Warum ich kam an diese Stell',
Ward mir auf einmal klar.

Als tönte nun der Musikchor,
Da war vorbei die Ruh',
Ein Musikante nahm mich vor
Und schlug den Takt dazu.

In der ersten Zeit da gab es auch,
Oft recht viel falsche Töne;
Doch donnernd dröhnte da mein Bauch
Und man hörte nur recht schöne.

Doch jetzt will ich erzählen
Der Kapelle Werdegang,
Nur das Wichtigste will ich wählen,
Sonst wird die Sach zu lang.

Herr Lorenz Haas war damal
Der Vogt in unserm Ort,
Dem die Musik vieles ohne Zahl
Verdanket durch sein Wort.

Die ersten 24 Jahr,
Die gingen schnell vorbei ; Gar manches Stück gespielet war,
Man lernte allerlei.

Gar manches Fest durch schönes Spiel
Die Musik belebte sehr;
Auch manchem an seinem Lebensziel
Erwies sie die letzte Ehr.

Da kam das Jahr, wo viele Leut',
Mit Gabeln, Flegeln, Spiesen
Im Dorfe standen marschbereit,
Die Rebellen zu begrüssen.

Doch eh' ins schöne Wolfachtal,
Der Aufstand schlug die Wellen;
Dem Militär mit einemal
Unterlagen die Rebellen.

Nach jenem Jahr da hatte man
Ein paar Jahre Ruh',
Bei Freud' und Leid gab d' Musik dann
Ihr' bestes stets dazu.

Von 55 Sulzmann war
Dirigent unserer Kapelle,
Und volle 23 Jahr
Versah er diese Stelle.

Ein Original und grosser Schalk
War dieser Kapellmeister;
Von der Kirche bis zur Walk'
Erheiterte er die Geister.

Wenn mal die Musik gezogen kam,
Bei einem grossen Rommel,
War noch dabei der Abraham
Der schlug die grosse Trommel.

Der Abraham voll Eifer war
Der spielte mit Gefühl;
Sodass er an 'nem Abend gar
Mit mir in's Wasser fiel.

"Der Abraham mit der grossen Tromm"
So sagten dann die Leute,
"Der schwimmt ins Lehme's Weier rom"
Den Spruch hört man noch heute.

Als Sulzmann war der Dirigent
Waren drei grosse Kriege,
Der Erste führte an seinem End
Zum preussisch-östreich'schen Siege.

Der Zweite war der Bruderkrieg
Das war ein harter Schlag.
Der führte zu Preussens Sieg.
Alt-Oesterreich unterlag.

Anno 1870 der Krieg gen Frankreich kam,
Wo Deutschland glänzend siegte,
Halb Frankreich sich im Sturme nahm
Und Elsass- Lothringen wieder kriegte.

Das Deutsche Reich war neu gestählt
Durch diesen Krieg zum Lohne
Ward Preussens König dann gewählt
Und erhielt die Kaiserkrone.

Aber mancher tapfre, Held
Hörte nicht mehr Siegestöne;
Von Oberwolfach blieben im Feld
Zwei brave, treue Söhne.

Herr Sulzmann war nach Kriegeszeit
Dirigent noch sieben Jahr,
Dann ging er ab zu unserm Leid,
Der uns so vieles war.

Bis 1885 war dann leer
Die Dirigentenstell',
Da kam Matthäus Bächle her
Und führte die Kapell'.

Volle elf Jahr gab er sich Müh
'Was in seinen Kräften stand
Und auf die Hohe bracht'er sie;
Das ward auch anerkannt.

Nicht nur in Oberwolfach war,
Beliebt die Musik sehr,
An manchem Ort, manch jungem Paar
Spielte sie am Tag der Ehr.

Anno 1896 zog dann fort
Herr Matthäus Bächle leider
Und es spielte dann in unserm Ort
Die Musik nicht lange weiter.

Zwei Jahre später geschah es dann,
Es fand sich kein Dirigente;
Missmutig wurden alle Mann,
Und machten dann ein Ende.

Es kamen dann in Ruhestand,
Ich und die Instrumente;
Acht Jahre waren wir verbannt,
Dann kam 'ne neue Wende,

Die Sache nahm dann in die Hand
Der Herr Gottfried Bächle;
Unterstützt ward sie ja wie bekannt,
Durch Bürgermeister Echle.

Auch viel hat dazu beigetragen,
Herr Martin Herrmann auf dem Grün;
Er suchte Leute, was man muss sagen
Und brachte sie zur Musik hin.

Mit mancher Müh' und mancher Plag
Übt Herr Bächle seine Leute;
Bis endlich dann erschien der Tag,
Wo Oberwolfach freute.

Es war der Tag, wo's erstemal
Die Musik wieder spielten
Und jeder Mensch im ganzen Tal
Sich wieder glücklich fühlte.

Mit Hilfe der Gemeinde dann
Kaufte man neue Instrumente;
Da die alten ihre Pflicht getan
Und Ruh' verdienten am Ende.

Nun bin ich noch geblieben allein
Bei der Kapell bis heute;
Denn ich wollt nicht entlassen sein,
Was ich auch nie bereute.

Bis 1907 im Oktober hin
Mich Martin Herrmann schlug
Und er sein Amt mit ruh'gem Sinn
'nem andern Übertrug.

Adolf Springmann schlug von 1907 an
Mich dann mit sichrer Hand;
Doch in dem grossen Kriege dann
Starb er für's Vaterland,

Im Jahre 1914 brach dann aus
Der grösste Krieg der Kriege,
Wo Deutschlands Männer rief hinaus
Zu kämpfen bis zum Siege.

Vier volle Jahr mit blindem Wut
Ward gekämpft auf beiden Seite;
In Strömen floss Soldatenblut,
Das Volk, das musste leiden.

Die Musik war in dieser Zeit
Im heil'gen Ruhestand;
Die Musikanten waren weit,
Dienten dem Heimatland.

Zu Ende ging der Völkerkrieg,
Deutschland ward Republik,
Den Feinden Deutschlands war der Sieg
Der Deutsche ging zurück,

Die Musiker trafen dann
Nach dem Kriege wieder ein;
Alle kamen wieder an,
bis auf den Schläger mein.

Man fing dann wieder spielen an,
Anfangs mehr ernst wie heiter;
Doch man ging mit Lust und Liebe dran
Und kam bald wieder weiter.

Es spielte auch der Musikchor
Am Gedenkfest unsrer Helden,
Die Oberwolfach im Krieg verlor
Das will ich hier vermelden.

Herr Bächle führte die Kapell'
Bis dreiundzwanzig getreulich
Und dann trat an seine Stell'
Herr Hauptlehrer Greulich.

Als Dirigent da ist fürwahr
Herr Greulich ein Genie;
In Zeit von knapp dreiviertel Jahr
Ward belohnt schon seine Müh'.

In Biberach im Kinzigtal,
Bei einem Musikfeste,
Gab die Kapell' zum erstenmal
Beim Preisspiele das Beste.

Sie errang bei diesem Wettspiel fein,
Den I b- Preis sehr schnelle
Und kam, es waren elf Verein'
Gleich an die dritte Stelle.

Mög Oberwolfach's Musik klingen
Noch viele hundert Jahr;
Mög'zu den Herzen dringen;
Wie es bis jetzt stets war!

Das sind nun jene Worte,
Die die Grosse uns tat kund,
Von der Musik in unserm Orte,
Vom Anfang bis zur Stund'.

Mög'n die Töne wie ein Adler
Steigen zum Himmel auf;
Das wünschen Euch die Radler
Zu Eurem Fest "Frisch auf"

— Gestiftet vom Radfahrer-Verein "Freiheit" Oberwolfach